Dienstag, 28. Juni 2011, Travnik – türkisches Erbe und Ivo Andrić

Geburtshaus von Ivo Andrić, in dem heute ein Museum untergebracht ist

Nach einer eineinhalbstündigen Busfahrt landeten wir heute in Travnik. Travnik ist eine Stadt im Kanton Zentralbosnien (Srednjobosanski Kanton) in Bosnien und Herzegowina. Der Ort hat eine lange, wechselvolle römische, osmanische und österreichisch-ungarische Geschichte hinter sich, zu der wir auf einer Stadtführung viele Details erfuhren. Circa 46% der 55.000 EinwohnerInnen sind muslimisch, in der relativ kleinen Stadt gibt es immerhin fünf Moscheen. Eine davon ist besonders für ihre ungewöhnlichen bunten Malereien bekannt. So hörten wir auf unserem Stadtrundgang auch den mittäglichen Muezzin-Ruf. Besonders in Travnik wird uns bewusst, wie vielfältig das Land mit all seinen Religionen und kulturellen Traditionen ist.

Während des Bosnienkrieges wurde Travnik zum Ziel vieler bosnisch-muslimischer Flüchtlinge, die beispielsweise aus Srebrenica flüchteten. Die Stadt erlitt vergleichsweise wenige Kriegsschäden, wurde aber immer wieder auch unter serbischen Beschuss genommen.

Unser Guide, Enes Škrgo, ist Mitarbeiter des lokalen Ivo-Andrić-Museums (http://de.wikipedia.org/wiki/Ivo_Andri%C4%87), das im Geburtshaus des Literaturnobelpreisträgers untergebracht ist. So erfuhren wir auf unserer Tour viele Details zu Leben und Werk des heute noch sehr populären und verehrten Schriftstellers und Diplomaten. Als Schlüsselroman gilt sein Roman „Die Brücke über die Drina“. Bereits in Belgrad sind wir mehrfach auf Andrićs Spuren gestoßen, auch hier befindet sich ein Museum zu seinen Ehren.

Ein weiterer Höhepunkt im wahrsten Sinne war der Besuch der Festungsruine. Hoch über der Stadt genossen wir den Blick auf die Travnik umgebenden, dicht und sattgrün bewaldeten Berge.

Am Nachmittag trafen wir Azem Ejubovic, Büroleiter der Städtepartnerschaft Leipzig-Travnik e.V. Er berichtete aus der täglichen Arbeit des 1997 gegründeten Vereins. Das Besondere, so Azem Ejubovic, war und ist das hohe Maß der direkten Beteiligung Leipziger und Travniker BürgerInnen. Dieser Aufbau von freundschaftlichen Kontakten und vielgestaltigem Austausch wurde also von unten nach oben getragen, d.h. er wuchs von einer kleinen humanitären Initiative hin zu einer offiziellen Städtepartnerschaft, die auch von den mitreisenden LeipzigerInnen als die lebhafteste und aktivste aller Städtepartnerschaften bezeichnet wurde. So gibt es regelmäßige BürgerInnenreisen, Jugendaustausch-Programme und viele gemeinsame wirtschaftliche und kulturelle Projekte. (Mehr zum Verein: www.leipzig-travnik.org)

Azem Ejubovic berichtete außerdem von vielen positiven Entwicklungen in der Stadt, die das Zusammenleben der Volks- und Religionsgruppen betreffen.

Auch in Travnik genossen wir wieder die köstliche bosnische Küche, sodass ein fester Bestandteil dieser Reise grandioses Essen und erhöhter Kaffeekonsum zu werden scheint.

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Eine Antwort zu Dienstag, 28. Juni 2011, Travnik – türkisches Erbe und Ivo Andrić

  1. Pivo Ivo schreibt:

    Einen sehr lesenswerten Text über das Gedenken an Ivo Andric in Bosnien und den anderen postjugoslawischen Staaten gibt es hier zu lesen:

    http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=hi&dig=2011%2F08%2F27%2Fa0028&cHash=3d943a45d3

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